Neulich im Spätdienst: Ich fuhr mit meinem Kollegen nichtsahnend durch die Innenstadt. Plötzlich stand ein Mann wild gestikulierend an einer Straßenecke, dem wohl sehr an unserem Anhalten gelegen war. Also taten wir ihm den Gefallen. Ich steuerte den Streifenwagen an den Straßenrand und der Kollege ließ sogar das Beifahrerfenster herunter, um dem Bürger die Kontaktaufnahme zu erleichtern.Aufgeregt schilderte uns der Mann, dass er soeben sein Fahrrad, dass man ihm vor einiger Zeit entwendet hatte, vor einem Geschäft stehend vorgefunden habe. Solche Funde sind in unserer Stadt durchaus nichts ungewöhnliches, wenn auch nicht an der Tagesordnung.
Der Fahrradfinder hatte sich auch gleich detektivisch betätigt und in Erfahrung gebracht, dass in dem Geschäft außer den Angestellten auch noch mindestens ein Kunde zugegen war, der mit dem Fahrrad angereist sein könnte. Da das Fahrrad mit einem fremden Schloss gesichert war, ging er davon aus, dass es sich auch in Gebrauch befand. Diese Annahme konnten wir mit ihm teilen.
Also stellte ich den Streifenwagen in der nächsten Querstraße ab, der Kollege stellte sich mit dem Fahrradfinder an der linken Hausecke auf und ich machte den Umweg über die andere Straßenseite um Posten auf der anderen Seite des Eingangs zu beziehen. So hatten wir dann den Zugang zum Geschäft bestens im Blick und alle Fluchtwege waren auch noch abgedeckt.
Als wir nun so ein paar Minuten gewartet hatten, nicht ohne die neugierigen Blicke der Passanten auf uns zu ziehen, verließ ein Mann den betreffenden Laden und begab sich schnurstracks zu dem wiedergefundenen Fahrrad.
Wir sprachen ihn noch während des Öffnens des Schlosses an und er gab sich zunächst sehr überrascht. Als wir ihm unser Anliegen dargelegt hatten, wurde er sichtlich nervös. Er behauptete, er habe das Fahrrad vor ein paar Monaten auf dem hiesigen Flohmarkt für fünfzig Euro gekauft. Wir erwiderten, dass dies ja durchaus möglich sei, aber nichts an den Eigentumsverhältnissen ändern würde.
Natürlich mussten wir ganz sicher gehen, dass es sich bei dem Fahrrad tatsächlich um das des Finders handelte. Da er aber beim Verlust damals Anzeige erstattet hatte, war die Rahmennummer in unserem Fahndungssystem gespeichert. Und richtig – Die abgelesene und die gespeicherte Nummer stimmten überein!
Als der vorgebliche Käufer nun realisierte, dass wir sein Fahrrad einziehen würden, versuchte er es mit der Flucht nach vorn: „Von wem bekomme ich denn jetzt meine 50,- Euro zurück?“. Die Antwort war vorprogrammiert: „Von dem Herrn, von dem sie das Fahrrad gekauft haben, wenn sie ihn wiederfinden.“.
Das fand der Herr aber nun extrem unsportlich und jammerte: „Dann müssen sie mal alle Fahrräder auf dem Flohmarkt überprüfen! Das kann doch so nicht sein!“. Ich fragte ihn daraufhin, ob es ihm gar nicht komisch vorgekommen sei, dass er für ein gut erhaltenes Markenfahrrad nur 50,- Euro bezahlt hatte? Er war der Ansicht, dass dies nur seinem Verhandlungsgeschick zu verdanken gewesen sei.
Da wir uns in seinen Augen ja nun nicht kooperativ zeigten, wandte er sich nun dem rechtmäßigen Besitzer des Rades zu: „Dann bekomme ich jetzt von ihnen 50,- Euro!“, forderte er selbstbewusst. Aufgrund dieses Witzes musste nicht nur der Eigentümer lachen, sondern auch wir konnten unsere Erheiterung nicht verstecken. Das machte den Schnäppchenjäger aber dann mal so richtig trotzig: „Wenn ich das Geld nicht von ihm bekomme, dann müssen sie es mir geben!“. Diesmal sollten wir beide wohl für ihn zusammenlegen. Ich erwiderte: „Das einzige, was sie von uns bekommen, ist eine Anzeige wegen Hehlerei. Unwissenheit schützt nämlich bekanntermaßen nicht vor Strafe.“.
„Aber wie soll ich denn jetzt nach Hause kommen? Sie nehmen mir ja gerade mein Fahrrad weg.“, fing er wieder an zu jammern. „Anscheinend haben sie nicht wirklich verstanden, dass dies nicht ihr Fahrrad ist und auch nie war.“, bekam er die Antwort meines Kollegen.
Da der frischgebackene Fußgänger nicht müde wurde, abwechselnd sein Geld von uns und dem Eigentümer zu fordern, bekam er dann letztendlich doch noch etwas anderes: Einen Platzverweis!
Oh, das hatten wir hier in Kiel zuletzt auch, leider konnte der Finder den Besitz des Rades nicht nachweisen…
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